So bleiben Synapsen im Gehirn erhalten22. Februar 2023 Die Neurone im Hippocampus transgener Mäuse konnten durch die Behandlung mit Nitarson erhalten werden. (Bild: Anna Karpova/LIN) Bei der Alzheimer-Erkrankung lassen sich kognitive Beeinträchtigungen direkt auf molekulare Veränderungen an den Synapsen des Gehirns zurückführen. Im Mausmodell verhindern lässt sich der Verlust synaptischer Plastizität durch die Substanz Nitarson, indem sie die Aktivität des Transkriptionsfaktors CREB aufrechterhält. Die genauen Mechanismen, die die Alzheimer-Demenz auslösen, sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Man weiß jedoch, dass sich im Gehirn von Patienten Plaques aus fehlerhaft gefalteten Beta-Amyloid(Aβ-)-Peptiden bilden und zu Schädigungen und zum Absterben von Synapsen führen. „Wir wussten noch nicht genau, wie es funktioniert, aber Aβ unterdrückt die Transkriptionsaktivität des CREB-Proteins“, erklärt Neurobiologin Dr. Anna Karpova vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) in Magdeburg. CREB (kurz für: cAMP response element-binding protein) ist ein zellulärer Transkriptionsfaktor und spielt somit für das Umschreiben eines Gens von der DNA in die RNA eine Rolle. „CREB ist ein Hauptregular für das Zellüberleben und die mit Plastizität verbundene Genexpression. Und es beeinflusst die Bildung von Langzeitgedächtnisspuren in Nervenzellen.“ Für die Aktivität von CREB ist auch das Protein Jacob von großer Bedeutung. Jacob ist ein Wandler zwischen Synapsen und dem Zellkern und kann das CREB-Protein aktivieren oder inaktivieren, je nach physiologischem Zustand der Synapsen. Bei Alzheimer-Betroffenen führen die toxischen Ablagerungen der Aβ-Peptide dazu, dass Jacob CREB inaktiviert und in der Folge Synapsen und später auch Nervenzellen sterben. Erstautorin Dr. Katarzyna Grochowska erklärt: „In zwei verschiedenen Alzheimer-Mausmodellen konnten wir sehen, wie Synapsen im Hippocampus dadurch beeinträchtigt wurden und verloren gegangen sind. Hierfür war die Inaktivierung von CREB durch Jacob verantwortlich.“ Durch molekulare Analyse und Modellierung des gesamten an dem Prozess beteiligten Signalosoms haben die Teammitglieder ein Molekül identifiziert, welches diese toxische Kaskade im Alzheimer-Gehirn stoppen kann: Nitarson, ein ehemaliges Medikament aus der Tiermedizin, das in der Geflügelzucht als Futtermittelzusatzstoff genutzt wurde, um das Gewicht der Tiere zu steigern und sie gegen die Schwarzkopfkrankheit zu schützen, verhindert in Nervenzellen die Bildung des Signalosoms, welches das CREB-Protein inaktiviert. Dadurch wird die synaptische Plastizität bewahrt und der kognitive Abbau zumindest im Mausmodell verhindert: Alzheimer-Mäuse mit Nitarson im Futter konnten im Versuch bekannte von unbekannten Objekten ebenso gut unterscheiden wie ihre gesunden Artgenossen. Noch sei nicht absehbar, ob ein Einsatz beim Menschen in Frage komme, geben die Forscher zu bedenken. Schließlich handelt es sich um eine arsenhaltige Substanz, die aus diesem Grund vorsorglich auch bei Geflügel, das in die menschliche Nahrungskette geht, keine Anwendung mehr findet. Andererseits ist die Alzheimer-Demenz nach wie vor unheilbar und geht mit starken Einschränkungen der Lebensqualität einher, sodass der Einsatz von Nitarson oder einem weniger risikoreichen verwandten Molekül genau abgewogen werden muss.
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