Wissen über seltene Erkrankungen verbessert die Behandlung häufiger Krankheiten21. August 2024 Die Neugeborenengelbsucht steht beim diesjährigen DGKJ-Kongress Pate für den Kongress-Schwerpunkt: Auch bei häufigen Symptomen an seltene Erkrankungen denken. (Foto: © AdKrieger – stock.adobe.com) Die Neugeborenen-Gelbsucht wird von vielen Eltern als meist harmlos eingestuft. Doch ist diese Einschätzung immer korrekt? Der diesjährige Kongress für Kinder- und Jugendmedizin nimmt das „gelbe Baby“ als Ausgangspunkt, um auf die Gefahren einer einseitigen Symptombetrachtung hinzuweisen, die eine angemessene Behandlung erschweren kann. „Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter sind mehr als die Summe ihrer Symptome, das gilt besonders für seltene Erkrankungen“, betont Prof. Michael Melter, Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). „Ein Neugeborenenikterus ist eben nicht immer physiologisch oder banal: Entscheidend sind die Ursache der Gelbsucht, die Höhe des Bilirubinspiegels und die Beschaffenheit des Bilirubins, das von der Leber über die Galle abgegeben wird.“ Störungen in diesem Prozess können auf ernsthafte Erkrankungen wie Mukoviszidose oder Gallengangsatresie hindeuten – vorausgesetzt, die entsprechenden Hinweise werden (früh) erkannt und verfolgt. „Ein Ikterus, der über den 14. Lebenstag hinaus anhält, ist immer pathologisch und verlangt eine Bilirubin-Differenzierung“, erklärt Melter. Überschreitet der Anteil des direkten Bilirubins 1,0 mg/dl (17 mmol/l), deutet dies auf eine hepatobiliäre Erkrankung hin, die bei Säuglingen als neonatale Cholestase (NC) bezeichnet wird und sofortiger Abklärung bedarf. Dank frühzeitiger Diagnostik und Behandlung kann der Schrecken dieser Erkrankungen deutlich abgemildert oder sogar verhindert werden. Bei einem Teil der seltenen Erkrankungen lassen sich die Symptome und Krankheitsfolgen sehr detailliert und präzise durch die diesen zugrundeliegenden Störungen pathophysiologisch darstellen und erklären. So könne das Verständnis von solchen seltenen Erkrankungen auch gut als Modell für häufigere Erkrankungen und zur Erhaltung von Gesundheit dienen, betont Melter. Der Kongress, der am 19. September in Mannheim beginnt, wird der tschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) zufolge in mehr als 100 Workshops, Vorträgen und Sitzungen weitere Erkrankungen beleuchten, bei denen ein Leitsymptom auf komplexe Ursachen hinweist. Ein Beispiel hierfür sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, die durch einen übergeordneten Immundefekt verursacht sein können, oder scheinbar typische gastroenterologische Beschwerden. Heftige, wiederkehrende Bauchschmerzen, die oft tagelang anhalten und mit Übelkeit und Appetitlosigkeit einhergehen, deuten auf Probleme im Magen-Darm-Bereich hin – oder doch nicht? In seltenen Fällen könnte es sich um eine abdominelle Migräne handeln, deren Pathophysiologie nur teilweise verstanden ist und auf eine Störung im Zusammenspiel zwischen dem peripheren enterischen und dem zentralen Nervensystem hinweist. Hier hat sich eine detaillierte Familienanamnese, insbesondere im Hinblick auf Migräneerkrankungen, als wertvoll erwiesen. Der Blick geht also vom Einzelsymptom hin zum Kind im familiären Kontext. „Die einseitige Betrachtung einzelner Symptome würde in solchen Fällen die Diagnose der zugrunde liegenden Erkrankung erschweren oder gar verzögern“, warnt Melter. Die Behandlung sollte daher immer das Kind als Ganzes betrachten und individuelle Lösungen anbieten, oft unter Einbeziehung interdisziplinärer und interprofessioneller Expertise. Der Kongress, zu dem mehr als 2000 Teilnehmende erwartet werden, wird von der DGKJ in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, Kinderchirurgie, Pädiatrische Psychosomatik, der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie und dem Berufsverband Kinderkrankenpflege organisiert.
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