Wissenschaftler entdecken Schlüssel zur Replikation des Hepatitis-A-Virus und zeigen Wirksamkeit von Medikamenten

Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme einer HAV-infizierten kultivierten menschlichen Leberzelle: Virale RNA, auf die ZCCHC14 abzielt, in grün und das Protein des Virus in rot. (Aufnahme: © Maryna Kapustina, UNC School of Medicine)

Wissenschaftler der University of North Caroliuna (UNC) School of Medicine (USA) haben sich den Virusreplikationszyklus des Hepatitis-A-Virus (HAV) angesehen und entdeckt, dass die Replikation spezifische Wechselwirkungen zwischen dem menschlichen Protein ZCCHC14 und einer Gruppe von Enzymen namens TENT4-Poly(A)-Polymerasen erfordert.

Die Forschenden beobachteten auch, dass die orale Verbindung RG7834 die Replikation in einem wichtigen Schritt stoppte, was es dem Virus unmöglich machte, Leberzellen zu infizieren.

Die kürzlich in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlichten Ergebnisse sind laut den Studienautoren die ersten, die eine wirksame medikamentöse Behandlung gegen HAV in einem Tiermodell der Krankheit demonstrieren.

„Unsere Forschung zeigt, dass das Targeting dieses Proteinkomplexes mit einem oral verabreichten, niedermolekularen Therapeutikum die virale Replikation stoppt und Leberentzündungen in einem Mausmodell von Hepatitis A umkehrt, was den Grundsatznachweis für eine antivirale Therapie und die Mittel liefert, um die Ausbreitung der Hepatitis A in Ausbruchsituationen zu stoppen“, sagte Seniorautor Dr. Stanley M. Lemon, Professor an der UNC-Abteilung für Medizin und der UNC-Abteilung für Mikrobiologie und Immunologie sowie Angehöriger des UNC-Institutes für globale Gesundheit und Infektionskrankheiten.

Lemon war in den 1970er- und 1980er-Jahren Mitglied eines Forschungsteams des Walter Reed Army Medical Center, das den ersten inaktivierten HAV-Impfstoff entwickelte, der Menschen verabreicht wurde. Laut Lemon haben die Forschungsbemühungen zu HAV nachgelassen, nachdem der Impfstoff Mitte der 1990er-Jahre allgemein verfügbar wurde. Die Fallzahlen seien in den 2000er-Jahren stark zurückgegangen, als die Impfraten in die Höhe schossen. Die Wissenschaft richtete ihre Aufmerksamkeit auf Hepatitis-B- und -C-Viren, die sich beide stark von HAV unterscheiden und chronische Erkrankungen verursachen. „Es ist, als würde man Äpfel mit Rüben vergleichen“, sagt Lemon. „Die einzige Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie alle eine Leberentzündung verursachen.“ HAV gehört nicht einmal zur gleichen Virusfamilie wie die Hepatitis-B- und -C-Viren.

Hepatitis-A-Ausbrüche nehmen seit dem Jahr 2016 wieder zu, obwohl der HAV-Impfstoff sehr wirksam ist. Nicht jeder werde geimpft, merkt Lemon an, und HAV kann für lange Zeit in der Umwelt bestehen – beispielsweise auf den Händen und in Lebensmitteln und Wasser – was laut den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) seit 2016 zu mehr als 44.000 Fällen, 27.000 Krankenhauseinweisungen und 400 Todesfällen in den USA geführt hat.

In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren Ausbrüchen, darunter 2017 in San Diego, die größtenteils in Zusammenhang mit Obdachlosigkeit und illegalem Drogenkonsum standen: Etwa 600 Menschen erkrankten schwer und 20 Menschen verstarben. Im Jahr 2022 gab es einen kleinen Ausbruch im Zusammenhang mit Bio-Erdbeeren in mehreren US-Bundesstaaten, was zu etwa einem Dutzend Krankenhauseinweisungen führte. Ein weiterer Ausbruch im Jahr 2019 wurde mit frischen Brombeeren in Verbindung gebracht. Weltweit treten jedes Jahr mehrere zehn Millionen HAV-Infektionen auf. Zu den Symptomen gehören Fieber, Bauchschmerzen, Ikterus, Übelkeit sowie Appetitverlust und Verlust der Geschmackswahrnehmung.

Im Jahr 2013 entdeckten Lemon und Kollegen, dass sich das Hepatitis-A-Virus in der menschlichen Leber erheblich verändert. Das Virus vereinnahmt Teile der Zellmembran für sich, wenn es Leberzellen verlässt, und tarnt sich vor Antikörpern. Diese Arbeit wurde in „Nature“ veröffentlicht und gab Aufschluss darüber, wie viel Forschende noch über dieses Virus lernen mussten, das vor 50 Jahren entdeckt wurde.

Vor einigen Jahren dann fanden Wissenschaftler heraus, dass das Hepatitis-B-Virus TENT4A/B für seine Replikation benötigt. In der Zwischenzeit führte Lemons Labor Experimente durch, um nach menschlichen Proteinen zu suchen, die HAV zur Replikation benötigt. Dabei stießen sie auf ZCCHC14 – ein bestimmtes Protein, das mit Zink interagiert und an RNA bindet.

„Dies war der Wendepunkt für diese aktuelle Studie“, berichtet Lemon. „Wir haben festgestellt, dass ZCCHC14 sehr spezifisch an einen bestimmten Teil der RNA von HAV bindet, das Molekül, das die genetische Information des Virus enthält. Und als Ergebnis dieser Bindung ist das Virus in der Lage, TENT4 aus der menschlichen Zelle zu rekrutieren.“

In der normalen Humanbiologie ist TENT4 Teil eines RNA-Modifikationsprozesses während des Zellwachstums. Im Wesentlichen entführt HAV TENT4 und verwendet es, um sein eigenes Genom zu replizieren.

Diese Arbeit legte nahe, dass das Stoppen der TENT4-Rekrutierung die Virusreplikation anhalten und die Erkrankung somit begrenzen könnte. Mitarbeiter in Lemons Labor testeten dann die Verbindung RG7834, von der zuvor gezeigt worden war, dass sie das Hepatitis-B-Virus aktiv blockiert, indem sie auf TENT4 abzielt. In dem nun in „PNAS“ publizierten Artikel erläuterten die Forscher die genauen Auswirkungen von oralem RG7834 auf HAV in Leber und Stuhl und wie die Fähigkeit des Virus, Leberschäden zu verursachen, bei Mäusen, die genetisch modifiziert wurden, um eine HAV-Infektion und -Krankheit zu entwickeln, dramatisch verringert wird. Die Arbeit deutet darauf hin, dass die Verbindung bei der in dieser Forschung verwendeten Dosis und dem akuten Zeitrahmen der Studie sicher war.

„Diese Verbindung ist noch weit davon entfernt, beim Menschen zur Anwendung zu kommen“, betont Lemon, „aber sie deutet auf einen wirksamen Weg zur Behandlung einer Krankheit hin, für die wir überhaupt keine Behandlung haben.“

Das Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche hat RG7834 zur Anwendung gegen chronische Hepatitis-B-Infektionen entwickelt und in einer Phase-I-Studie am Menschen getestet. Tierstudien deuteten jedoch darauf hin, dass es für eine Anwendung über lange Zeiträume zu toxisch sein könnte. „Die Behandlung bei Hepatitis A wäre kurzfristig“, unterstreicht Lemon, „und was noch wichtiger ist, unsere Gruppe und andere arbeiten an Verbindungen, die das gleiche Ziel ohne toxische Wirkungen erreichen würden.“