Auftritt „Bauchhirn“: Weshalb es eine zentrale Rolle bei Allergien spielt25. November 2025 Gewebeschnitt aus dem Darm einer Maus, die das Neuropeptid nicht bilden kann: Zelltypen wie Büschelzellen (rot), schleimproduzierende Becherzellen (gelb), Paneth-Körnerzellen (pink) und Stammzellen (grün) treten auffallend häufig auf. (Abbildung: © Luisa Barleben/Charité Eine internationale Studie unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin und von Forschenden aus Berner (Schweiz) hat eine bislang unbekannte Funktion Nervensystems im Darm aufgedeckt. Wie das Forscherteam jetzt im Journal „Nature Immunology“ beschreibt, reguliert das Darmnervensystem die Zusammensetzung und die Stabilität der Darmbarriere. Ist dieser Schutzmechanismus gestört, entsteht eine Neigung zu Allergien. Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass ihre Forschungsergebnisse neue Perspektiven für die Behandlung von Allergien, Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und dem Reizdarmsyndrom eröffnen. Häufig wird das Darmnervensystem auch als „Bauchhirn“ bezeichnet: Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Verdauung und beim Erhalt der Darmbarriere. In der Vergangenheit ist nachgewiesen worden, dass das Darmnervensystem neben seiner Funktion bei der Verdauung auch eine wichtige Rolle bei Abwehrreaktionen im Darm spielt. Inwiefern das Darmnervensystem die Entwicklung von Darmzellen beeinflusst, war bisher jedoch weitgehend unerforscht. Das internationale Forschungsteam unter der Leitung der Charité, der Universität Bern und des Inselspitals Bern, Universitätsspital Bern hat nun nach eigenen Angaben erstmals zeigten können, dass das Darmnervensystem als zentraler Schalter für die Darmbarriere fungiert. Über einen freigesetzten Botenstoff steuert es nicht nur, wie sich Zellen der Darmwand zu unterschiedlichen Zelltypen entwickeln, sondern beeinflusst auch die Immunreaktionen im Darm, die Allergien fördern. Das Darmnervensystem als Dirigent zwischen Stammzellen und Abwehrzellen In ihrer Studie untersuchten die Forschenden anhand eines Mausmodells, wie bestimmte Nervenzellen im Darm mit den Stammzellen des Darms kommunizieren. Dabei konzentrierten sie sich auf das vasoaktive intestinale Peptid (VIP). Dabei handelt es sich um einen Botenstoff, den das Darmnervensystem produziert. Die Ergebnisse der Studie zeigen erstmals, dass Darmnervenzellen über den VIP-Botenstoff direkt mit den Darmstammzellen kommunizieren. Dadurch sorgen die Nervenzellen dafür, dass sich die Stammzellen nicht zu schnell vermehren und nicht zu stark in bestimmte Zelltypen ausreifen. Ist dieser Steuerungsmechanismus gestört und fehlt der VIP-Botenstoff, entsteht ein Überschuss von Büschelzellen. Diese schütten ihrerseits dann Signale aus, die im Darm eine Art Allergieprogramm starten. „Unsere Resultate verdeutlichen, dass das Darmnervensystem ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung einer gesunden Darmschleimhaut, Immunregulation und letztendlich für die gesunde Darmbarriere ist“, erklärt Dr. Manuel Jakob von der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital, Forschungsmitarbeiter am Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und Wissenschaftler an der Charité. Der Erstautor der Studie fügt an: „Unser ‚Bauchhirn’ ist also viel mehr als nur Verdauungshelfer. Es ist ein zentraler Schalter für Gesundheit, Abwehrkräfte und möglicherweise auch Krankheiten, die sehr viele Menschen betreffen. Interessanterweise deuten die Ergebnisse darauf hin, dass der Effekt auch durch die Art der Ernährung, also die Nahrungsbeschaffenheit beeinflusst wird.“ Neue Ansätze für Entzündungs- und Allergieerkrankungen des Darms Ein gesundes Darmmikrobiom und eine stabile Immunantwort sind für die Abwehr von Krankheiten unerlässlich, weshalb die Erforschung des Darmnervensystems von großer Relevanz ist. „Der entdeckte Mechanismus könnte erklären, warum manche Menschen im Darm überempfindlich reagieren und wie wir in Zukunft gezielt intervenieren können“, erklärt Prof. Christoph Klose, Leiter der Arbeitsgruppe Neuroimmun-Interaktion am Institut für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Charité und Letztautor der Studie. „Wenn wir das Zusammenspiel von Nerven, Zellen und Immunreaktionen im Darm besser verstehen, können wir Medikamente gezielter und personalisierter entwickeln – etwa für Allergien, das Reizdarm-Syndrom oder Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.“ Zudem lassen sich diese Reaktionen möglicherweise durch die Ernährung direkt angehen. In einem nächsten Schritt möchte das Team deshalb herausfinden, wie genau sich Ernährung gezielt nutzen lässt, um diese Nerven-Darm-Achse zu unterstützen und die Darmgesundheit zu fördern.
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