AWMF: „Leitlinien digitalisieren und besser in die Versorgung integrieren“

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Gute Leitlinien zu erstellen ist aufwändig und in der Praxis kommen sie oft nicht an. Die AWMF adressierte auf ihrer 35. Leitlinienkonferenz zwei Themen: Mitdenken der Versorgungsrealität und Digitalisierung von Leitlinien mittels Künstlicher Intelligenz (KI).

„Eine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung kann mit Unterstützung von Leitlinien erreicht werden“, erklärte Prof. Rolf-Detlef Treede, Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. „Basis dafür sind hochwertige Evidenzsynthesen. Um die benötigte Literatur schneller zu identifizieren und zusammenzufassen, kann KI unterstützend eingesetzt werden. Das haben ein Forschungsprojekt der neu gegründeten AWMF-Ad-hoc-Kommission Digitalisierung & KI in der Medizin sowie ein Forschungsprojekt von Cochrane Österreich gezeigt“, führte er aus. KI-Anwendungen müssten allerdings weiterhin in adäquaten Forschungsdesigns evaluiert und einer menschlichen Kontrolle unterworfen werden.

Leitlinien in Zukunft digital zur Verfügung stellen

„Die Zukunft von Leitlinien ist digital – Nutzende wünschen direkte Antworten auf klinische Fragestellungen und werden dazu KI befragen, anstelle Wissensplattformen aufzusuchen“, konstatierte Prof. Ina Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement (IMWi). Daher sei es essenziell, Leitlinien in Zukunft in digitaler Form über das Leitlinienregister der AWMF zur Verfügung zu stellen.

Das Projekt Dissolve-E liefert dazu die Voraussetzung. Es ist eingebettet in das internationale Ziel der Schaffung eines digitalen, vertrauenswürdigen Evidenz-Ökosystems und des europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS). „Die Etablierung des nationalen Forschungsdatenzentrums Gesundheit ist dazu ein wichtiger, vorbereitender Schritt der Politik, den wir wissenschaftlich gern weiter beraten“, erklärte Kopp.

Verstärkter Fokus auf Digitalisierung und KI

Die Implementierung von Leitlinien scheitert oft an Praxisferne. Hindernisse und Lösungsvorschläge in Bezug auf eine qualitätsorientierte Versorgung wurden am Beispiel des Projekts DigiLeit aufgezeigt. Im Rahmen der G-BA-Qualitätsverträge stellte Prof. Vera von Dossow, Vorsitzende der Leitlinienkommission der AWMF, das Beispiel postoperatives Delir vor.

„KI stellt eine Chance für Risikoreduktion in der gesamten perioperativen Medizin dar“, stellte sie fest. „Das Etablieren KI-gesteuerter Frühwarnsysteme aus elektronischen Patientenakten im Zusammenspiel mit Integration von digitalen Leitlinienempfehlungen ermöglicht eine adäquate Festlegung des Versorgungslevels für den einzelnen Patienten und eine höhere Patientensicherheit im Krankenhaus“, ergänzte sie.

„Mit dem verstärkten Fokus der Leitlinienkommission auf Digitalisierung und KI sowie der neu gegründeten Ad-hoc-Kommission wird die AWMF ihre Forschung zu KI und Einsatzmöglichkeiten im Bereich Leitlinien weiter intensivieren“, betonte von Dossow.