Bauchspeicheldrüsenkrebs: Die zwei Gesichter von RINT1

Erstautor Frank Arnold will das Verhalten von Tumorzellen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs im Detail nachvollziehen und setzt dabei auch auf hochleistungsfähige Mikroskopie-Technologien. Die Abbildung zeigt den defekten Golgi-Apparat (Grün: cis-Golgi, Rot: trans-Golgi) in RINT1-herunterregulierten Zellen (Blau: Zellkern). (Foto: © Eberhardt/Uni Ulm)

Forschenden der Ulmer Universitätsmedizin ist es gelungen, einen Zusammenhang zwischen dem zellulären RINT1-Protein-Level und der Überlebensdauer von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs herzustellen. Ihre Ergebnisse könnten den Weg zu neuen Therapieansätzen ebnen.

Ein tieferes Verständnis, warum Bauchspeicheldrüsentumore (hier: duktales Pankreaskarzinom) so schwer therapierbar sind, soll Hinweise auf neue, effektive Behandlungsansätze geben. In ihrer aktuellen Veröffentlichung setzen die Autoren aus Ulm, Mainz sowie Heidelberg auf zellulärer Ebene an: Ihr Fokus liegt auf dem Protein RINT1, das für die Erbgut-Reparatur zuständig ist und Eiweiße in Zellen transportiert. RINT1 wurde wiederholt mit Krebserkrankungen in Verbindung gebracht: Bei verschiedenen Krankheitsbildern kann das Protein die Tumorentwicklung offenbar beeinflussen.

Inwiefern RINT1 Einfluss auf den Krankheitsverlauf beim duktalen Pankreaskarzinom nimmt, haben die Forschenden unter Federführung von Prof. Alexander Kleger mit verschiedenen biomedizinischen Methoden untersucht. „Mithilfe von Tumorgewebe von über 120 Krebskranken sowie anhand von Tumorzellen, isoliert aus Patientenproben, konnten wir feststellen, dass Patientinnen und Patienten mit einem niedrigen RINT1-Level länger überleben. Ein Herunterregulieren dieses Proteinlevels verlangsamt das Wachstum des Bauchspeicheldrüsen-Tumors deutlich“, erklärt Heisenberg-Professor Alexander Kleger, Oberarzt an der Universitätsklinik Ulm für Innere Medizin I. Auf der anderen Seite scheint ein hohes RINT1-Level einen schweren Verlauf der Krebserkrankung zu begünstigen.

Doch wie genau hängt der RINT1-Mangel auf Zell-Ebene mit dem Wachstumsstopp von Bauchspeicheldrüsen-Tumoren zusammen? In ihrer jetzt veröffentlichten Forschungsarbeit beschreiben die Wissenschaftler, dass ein niedriges Level dieses Proteins zu massiven Erbgutschäden und erhöhtem zellulären Stress in den Krebszellen führt. „Ganz konkret beeinträchtigt der RINT1-Abbau die so genannte SUMOylierung, eine Protein-Modifikation, die sowohl zur Funktion körpereigener Eiweiße beträgt als auch bei der Erbgut-Reparatur eine wichtige Rolle spielt. Durch diese Beeinträchtigung werden die Tumorzellen letztlich in den Tod getrieben, “ erläutert Erstautor Frank Arnold.

Dementsprechend könnte die Regulierung des RINT1-Levels und somit die SUMOylierung der Schlüssel zu einem neuen Behandlungsansatz beim duktalen Pankreaskarzinom sein. Bis dahin liegt allerdings noch ein weiter Weg vor den Forschenden. Denn die aktuelle Studie zeigt auch: Krebspatienten, bei denen RINT1 überhaupt nicht nachweisbar war, haben die kürzeste Lebenserwartung – der Effekt hat sich also umgekehrt. Nun gilt es die Schwelle zu identifizieren, die die positiven, krebshemmenden Auswirkungen eines niedrigen RINT1-Levels ins Gegenteil umschlagen lässt.

Insgesamt konnten die Forschenden jedoch eindeutig zeigen, dass das RINT1-Proteinlevel mit der Überlebensdauer der Patienten korreliert.

Die Forschungsarbeiten wurden durch die Deutsche Krebshilfe sowie über das DFG-Graduiertenkolleg Heterogeneity and Evolution in Solid Tumours (HEIST) der Ulmer Universitätsmedizin gefördert.