Bpt-Kongress 2025: Wild auf Wiesbaden

bpt-Kongress 2025 in Wiesbaden: Erst wenn Weihnachten im Herzen ist, liegt Weihnachten auch in der Luft. (William Turner Ellis) Foto: © Sigrun Grombacher

Vom 27. bis 29. November fand der diesjährige bpt-Kongress statt – erstmals in Wiesbaden. Der Umzug hauchte der Veranstaltung jede Menge neues Leben ein. Die 1600 teilnehmenden Tierärzten werden die Stadt und ihr Kurhaus in guter Erinnerung behalten.

Wer hätte gedacht, dass der neue Veranstaltungsort so massiv punkten würde bei den Veterinärmedizinern? Doch der Bundesverband praktizierender Tierärzte e. V. (bpt) hatte sich die Schokoladenseiten Wiesbadens gesichert. Bis auf das Wetter war alles wie bestellt für den letzten Tiermediziner-Kongress des Jahres.

Das Kurhaus: Eine einmalig schöne Location

Insbesondere das Get Together am Freitagabend in dem für Weihnachten auf Hochglanz polierten Kurhaus wird allen Beteiligten in bester Erinnerung bleiben.

Der Architekt Friedrich von Thiersch errichtete das beeindruckende Bauwerk, das 1907 eröffnet wurde, im Stil des Neoklassizismus mit Elementen des Jugendstils für sechs Millionen Goldmark.

Der Friedrich-von-Thiersch-Saal im Kurhaus Wiesbaden bildete das Herzstück des Get Together auf dem bpt-Kongress 2025. Foto: © Sigrun Grombacher

Doch auch das RheinMain CongressCenter (RMCC) selbst bot eine angenehme Kulisse für die drei Kongresstage. So zeichnete es sich durch gute Übersichtlichkeit, kurze Laufwege und eine helle, freundliche Atmosphäre aus. Auch die Fachmesse, die mit 142 Austellerfirmen aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Ungarn, China, Dänemark, Polen, Schweden und Großbritannien ausgebucht war, fand guten Anklang. Einen besonders tollen Service bot die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Sie verteilte neben weiteren Gerichten ein superleckeres veganes Curry-Mango-Chutney kostenfrei.

„Wiesbaden kann bleiben“

Zusätzliche Pluspunkte bescherten dem neuen Standort die Nähe zum Bahnhof, zu den Hotels und zum mondänen Kurhaus. Der stimmungsvolle Sternschnuppenmarkt befand sich in der ebenfalls fußläufig zu erreichenden Innenstadt.

Laut einer vor Ort durchgeführten Befragung bewerteten über 90 Prozent der Teilnehmenden den gewählten Standort Wiesbaden positiv und würden gerne wiederkommen.

Foto: © S. Grombacher

GOT-Diskussion verlief konstruktiv

Das berufspolitische Highlight des bpt-Kongresses war laut bpt die Diskussion zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Tiermedizin und der Evaluierung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Der Geschäftsführer des bpt, Heiko Färber, präsentierte zunächst Zahlen der aktuell laufenden Blitzumfrage zur wirtschaftlichen Lage der Praxen. Gut 70 Prozent der Teilnehmenden bewerteten diese als positiv. Die Gehälter der Angestellten wurden in rund 60 Prozent der Praxen deutlich erhöht. Allerdings planten lediglich ein gutes Drittel der Teilnehmenden größere Investitionen. Das ließe darauf schließen, dass die Zukunft eher vorsichtig angegangen werde, so der bpt. Den beiden praktizierenden Tierärzten in der Diskussion, Dr. Siegfried Moder, bpt-Präsident und Dr. Kai Kreling, Vorsitzender der GOT-Kommission der Bundestierärztekammer (BTK), war es ein Anliegen, dass die GOT erhalten bleibt. Sie diene sowohl als Instrument der Preisfindung für Tierärzte als auch als Werkzeug der Transparenz. Tierhalter würden zudem vor überhöhten Preisen geschützt.

Vorträge zum Rind überzeugten durch Einzeltiertherapien

Tierärztin Friederike Jäger, in eigener Großtierpraxis in Wachtberg-Niederbachem (bei Bonn) tätig, interessierte sich für neues Equipment für ihre Pferdepatienten. Besonders gut gefallen hat ihr auf dem diesjährigen bpt-Kongress, dass es beim Rind dieses Mal nicht nur um die Bestandsbetreuung ging, sondern auch um die Einzeltierbehandlung. Diese spielt in ihrer Praxis eine tragende Rolle. Wiesbaden als neue Location für den bpt Kongress fand sie sehr ansprechend und den Get-Together-Abend wird auch sie in guter Erinnerung behalten. „Die Vorträge waren wirklich praxisrelevant, bei Rind und Pferd. Eine rundum gelungene Veranstaltung“, so ihr Fazit.

bpt-Kongress 2025 in Wiesbaden Foto: © Sigrun Grombacher

Bei den Pferden ging es neben Erkrankungen der Fesselbeugesehnenscheide und der Harnwege um das Endoparasitenmanagement, Frakturen und Viruskrankheiten. Hier wurden die Vorträge von Bianca Schwarz von Kongressbesuchern lobend erwähnt. Auch die Vorträge zu Eseln trafen auf großes Interesse. Am Donnerstag standen das Praxismanagement sowie die Haltung und Erkrankungen von Zoo- und Wildtieren und Schafen im Fokus.

FIP-Therapie: So kurz wie möglich, so lang wie nötig

Am Freitagvormittag gab Prof. Katrin Hartmann von der LMU München ein Update zur felinen infektiösen Peritonitis. Sie stellte wie stets eine größere Anzahl von Studien zur FIP vor. Wobei sie darauf verwies, dass sie und ihr Team mittlerweile ganz auf die orale Eingabe von Tabletten mit dem Wirkstoff GS-441524 (aus England) setzen würden. Eine in Frankreich verfügbare Paste ermögliche eine unzureichend genaue Applikation. Auch sei die orale Therapie Injektionen vorzuziehen. Hartmann riet dazu, regelmäßig ein FIP-Monitoring bei den erkrankten Katzen zu machen. Auch wies sie auf das AGP (alpha-1-saures-Glykoprotein) hin, ein Akute-Phase-Protein, das bei Katzen einen guten Marker für FIP darstellt. AGP kann zur Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung bei antiviraler Behandlung der FIP eingesetzt werden. Auch lässt sich mit dem Parameter differenzieren, ob sich ein Patient in Remission befindet oder bereits eine Genesung eingetreten ist.

Wie eine Studie, für die Dr. Katharina Zwicklbauer 2024 den von Boehringer Ingelheim gestifteten „Young Scientist Award“ erhielt, unter anderem gezeigt hat, ist eine 42-tägige Therapie ebenso wirksam wie eine 84-tägige. In einer Studie, die im August 2025 erschienen ist, beschrieben Hartmann und ihr Team, dass statistisch signifikant mehr Katzen im Rahmen der 84-tägigen Behandlung eine Lymphozytose und Eosinophilie entwickelten als im Verlauf der 42-tägigen. Dieser Sachverhalt müsse weiterhin beobachtet werden, so Hartmann. In jedem Fall sollte die FIP-Therapie nicht länger als nötig durchgeführt werden, 42 Tage sind derzeit empfohlen.

„Behandeln Sie Degus, es lohnt sich!“

Der Nachmittag gehörte dann ganz den kleinen Heimtieren – vom Kaninchen bis zur Ratte. Letztere wurden sehr humorvoll von Dr. Iris Schwarze, Fachtierärztin für Heimtiere und Kleinsäuger und Leiterin der Heimtierambulanz an der LMU München präsentiert. Sie wies darauf hin, dass Hypophysentumoren bei Ratten häufig auftreten und dass diese mit Cabergolin therapierbar seien. Klinisch würden die Tiere durch eine Kopfschiefhaltung, Ataxie, propriozeptive Defizite, einem breitbeinigen Gang, Krampfanfälle und Paresen, Verhaltensänderungen und eingeschränktes Sehen bis zur Erblindung auffällig. Tatsächlich laute der Vorbericht häufig, dass ein vormals freundliches Tier nun „böse geworden sei“. Doch die Ratte sei nicht böse geworden, sondern sie sehe schlicht nicht mehr, ob sie gerade in das Leckerchen oder den Daumen des Halters beiße, veranschaulichte Schwarze die Perspektive des Tieres.

Ihr Vortrag über Degus war ebenfalls mit amüsanten Passagen garniert, die ihre Liebe zu den kleinen Nagetieren offenbarte. Sie stellte eine Statistik vor, laut der von 300 Degus 4 Prozent Diabetes hatten (also deutlich weniger als gemeinhin angenommen), aber 60 Prozent an einem Zahnproblem litten und nur 13 Prozent gesund waren. Zähne seien ein Riesenthema beim Degu. Es müsse jedoch Konsens sein, dass Zahninstrumente (Maulspreitzer) bei den Tieren niemals im Wachzustand eingesetzt werden dürfen.

Ein Urgestein sagt leise Goodbye

Eingangs der nachmittäglichen Session wurde Dr. Jutta Hein für ihre Verdienste um die kleinen Heimtiere gewürdigt. Von vielen als ein „Urgestein der Heimtierkunde“ angesehen, hatte Hein bekannt gegeben, dass sie ihre letzten Vorträge bei diesem bpt-Kongress halten würde. Und sie tat dies mit der ihr eigenen Leidenschaft und Hingabe. So hielt sie einen topaktuellen Vortrag zur Enzephalitozoonose (EC), der allen Kaninchenfans nur ans Herz gelegt werden kann. Kortison sei nun endgültig obsolet in der Therapie, so die Fachtierärztin für Heimtiere und Diplomate ECZM (Small Mammal). Sofern die Nieren nicht geschädigt seien, sei eher der Einsatz von NSAID neben der Standardtherapie zu erwägen. Klinisch seien bei EC seit einiger Zeit Magendarmtrakt-Symptome stärker in den Fokus gerückt.

Hein’s zweiter Vortrag beschäftigte sich nach eigener Aussage mit ihrem „Herzensthema“: Chinchillas. Darin gab sie neben Fakten zur Tierart und zur Haltung einen kompakten Überblick zu den größten Fallstricken in der Behandlung der flinken, sehr sozialen Tiere. So erinnerte sie etwa an die PLACE-Regel, die die Anfangsbuchstaben der Antibiotika aufzählt, die bei Chinchillas nicht eingesetzt werden dürfen: Penicillin, Lincomycin, Ampicillin, Amoxicillin, Cephalosporine, Clindamycin, Erythromycin (Streptomycin, Tetrazykline).

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Ein Touch von „Titanic“ herrschte beim Get Together am Freitagabend in dem opulenten Friedrich-von-Thiersch-Saal, auf dessen Bühne sich die Rodgau Monotones mit einem gut auflegenden DJ die Klinke in die Hand gaben. Und so musste man sich schon ein wenig über den Tisch rüber zuschreien, um sich gegenseitig Gehör zu verschaffen, aber das tat der Stimmung absolut keinen Abbruch.

Hey, mach’ mal lauder. Die Rodgau Monotones in Aktion. Foto: © Sigrun Grombacher

Wer es etwas leiser bevorzugte platzierte sich in dem kleineren der beiden Festsäle, dem Christian-Zais-Saal oder im Foyer.

And the winner is …

Auf der Bühne des großen Festsaales fand auch die Preisverleihung für den bpt-Durchstarter des Jahres statt. Die Auszeichnung würdigt Tierärzte und Tierärztinnen, die mit ihren innovativen Projekten in den ersten 8 Berufsjahre wichtige Impulse für die tiermedizinische Praxis gesetzt haben. Und es gab gleich zwei davon. Sponsor des mit jeweils 1000 € dotierten Preises war Hill’s Pet Nutrition. Die Gewinnerinnen waren Dr. Deborah Wimmer alias „Dogtor Debbie“ mit ihrem Instagram-Kanal sowie Dr. Kim Hege und ihre Wissensplattform www.tiermedizin-wissen.de.

Preisverleihung bpt-Durchstarter des Jahres 2025. V.l.n.r.: Dipl. -Oec. Sabrina Neusieß (Hill’s Pet Nutrition), Dr. Maren Püschel (Zweite bpt-Vizepräsidentin und Vorsitzende bpt-Fachgruppe Kleintier), Dr. Siegfried Moder (bpt-Präsident), Dr. Kim Hege (Durchstarterin des Jahres), Dr. Deborah Wimmer (Durchstarterin des Jahres), Friedrich Rosenthal (Vorsitzender bpt-Fachgruppe Junges Netzwerk im bpt), Dr. Petra Sindern (Erste bpt-Vizepräsidentin), Thomas Sauerländer (Moderation) Foto: © bpt/Jan Rathke
Gute Stimmung allerorts
Foto: © Christine Schreck

Beim bpt-Kongress 2027 heißt es schnell sein

Nach dem Essen fanden sich die ersten beiden Mutigen auf der Tanzfläche ein und dann wurde die Stimmung sukzessive immer ausgelassener. So erzählte eine junge Kollegin am Tisch von ihrem Bergfest und rief damit viele Erinnerungen wach. Eine andere schwärmte von der „legendären Musik der achtziger Jahre“. Es war ein schöner Abend mit viel Gelächter. Die mutmaßlich Letzten haben das weihnachtliche Ambiente des Kurhauses gegen 2.30 Uhr verlassen, so weit die Überlieferung. Und dennoch fanden sich am Samstagmorgen alle Akteure tapfer an ihren Ausstellerständen und in den Vorträgen ein. Man muss kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass die Karten für das Get Together beim nächsten bpt-Kongress in Wiesbaden weggehen werden wie heiße Semmeln.

The morning after

Foto: © Sigrun Grombacher

Der Samstagvormittag stand ganz im Zeichen der Reproduktionsmedizin. Prof. Sandra Goericke-Pesch, TiHo Hannover, und Prof. Axel Wehrend, Justus-Liebig-Universität Gießen, lieferten ein sehr informatives und gewohnt unterhaltsames Programm ab. Die Praxisrelevanz des Themas zeigte sich in den zahlreichen Fragen aus dem Auditorium. So stellt insbesondere die „Gyn“ herausfordernde Aufgaben an den Praktiker.

Der Nachmittag wurde in erster Linie von Dr. Philipp Winkels, Erftstadt, und seinem Kollegen Jakub Kaczmarek, Köln, bestritten. Die beiden leidenschaftlichen Orthopäden gaben viele wertvolle Tipps für die tägliche Praxis. So riet Kaczmarek, distale Radius-Frakturen bei Toy-Rassen niemals konservativ zu behandeln, egal, was der Tierbesitzer präferiere. „Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass es schiefgeht einfach viel zu hoch.“ Philipp Winkels stellte unter anderem die Standpunkte von Klinikern, Radiologen und Gutachtern zum Thema Hüftgelenksdysplasie dar.

Another winner was …

Ebenfalls im Rahmen des diesjährigen bpt-Kongresses in Wiesbaden wurden die Gewinnerinnen der BfT/bpt-Video-Challenge „Mit dem Hund auf Reisen“ ausgezeichnet. Den ersten Platz und ein Preisgeld von 1.000 Euro ergatterte Dr. Dominique Tordy aus Köln. Sie überzeugte mit ihrem innovativen Instagram-Format die Jury. Die Tierärztinnen Julia Kuhnigk (Dortmund) & Natascha Wiegand (Sarzbüttel) landeten mit dem Beitrag „Die Pfotenchecker – sicher auf Reisen“ auf Platz zwei. Kuhnigk und Wiegand zeigen darin die wichtigsten Vorbereitungen für eine entspannte Reise mit Haustier auf. Witzigerweise übernehmen die Hunde das Packen der Reiseutensilien dabei selber.

Dazu mehr in einem Beitrag des Bundesverbandes für Tiergesundheit (BfT):

Video-Challenge – Mit dem Hund auf Reisen: Gewinnerinnen ausgezeichnet – Biermann Medizin

Der Kongress war ein schöner Jahresabschluss

Insgesamt war der bpt-Kongress 2025 ein Beweis dafür, dass neue Impulse wie der Umzug in eine andere Stadt, einer alteingesessenen Veranstaltung neues Leben einhauchen können.

So resümierte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder dann auch: „Wir freuen uns, dass trotz des neuen Standorts so viele Teilnehmende und Ausstellerfirmen den Weg nach Wiesbaden gefunden haben. Die Stimmung beim bpt-Kongress war selten so positiv und energiegeladen und wir bedanken uns bei allen, die dazu beigetragen haben.“

Der nächste bpt-Kongress wird vom 19. bis 21. November 2026 getrennt von der EuroTier in Hannover stattfinden.

(sg/BIERMANN)