Junge Ärzte: Niederlassung nach wie vor attraktiv9. Dezember 2025 Foto: HNFOTO/stock.adobe.com Laut einer Umfrage des Zentralinstitutes für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) schließen nur 15 Prozent der jungen Angestellten eine Niederlassung aus. Als größte Herausforderungen für eine Niederlassung wurden Fachkräftemangel und Bürokratieüberlastung genannt. Die ambulante Versorgung in Deutschland wandelt sich dynamisch. Dazu trägt auch der Trend zur Teilzeitarbeit bei. So steigt laut Zi die Zahl der Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die in Praxen oder Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) angestellt sind. Doch für viele ist die eigene Niederlassung nach wie vor eine starke Option, die Anstellung nur eine Übergangsphase bis zur eigenen Praxis. Vor allem junge Angestellte zeigen eine ausgeprägte Bereitschaft, sich niederzulassen. Auf die Frage „Planen Sie, sich in Zukunft selbst vertragsärztlich beziehungsweise vertragspsychotherapeutisch niederzulassen?“ antworteten fast 40 Prozent der bis 35-Jährigen mit Ja. Gut 45 Prozent in dieser Altersgruppe sind noch unentschlossen. Bei den 35- bis 39-Jährigen will sich jeder Dritte niederlassen, genauso viele haben dies nicht vor. Gut 36 Prozent sind unentschlossen. Ab dem fünften Lebensjahrzehnt nimmt die Bereitschaft zur Niederlassung deutlich ab. Ein Grund dürfte sein, dass viele der älteren Befragungsteilnehmer ihre eigene Praxis bereits abgegeben haben und nun als Angestellte tätig sind. Mangel an Praxispersonal aus Hürde für die Niederlassung Gleichzeitig weiß eine große Mehrheit um die Herausforderungen in der Selbstständigkeit wie hohe Bürokratielast und Fachkräftemangel. Als größte Herausforderung für eine potenzielle Niederlassung bezeichneten gut 67 Prozent der Angestellten die Verfügbarkeit von Praxispersonal. Gut 64 Prozent sehen den Aufwand für die Digitalisierung als Hürde, gefolgt von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das sehen fast 62 Prozent der befragten Angestellten als Problem an. Überwiegend einig sind die Angestellten, die eine eigene Praxis wollen, bei der Frage, welche Aspekte sie auf ihrem Weg in die Niederlassung als schwierig empfinden würden. Hier nannte die große Mehrheit den damit verbundenen administrativen Aufwand. Eine weitere Frage war: Wie zufrieden sind Sie in ihrer Anstellung mit verschiedenen Aspekten ihrer Tätigkeit? Als Antwort nannten fast alle ihre therapeutischen Beziehungen zu ihren Patientinnen und Patienten sowie die Wertschätzung, die sie von diesen erfahren würden. Das sind zentralen Ergebnisse einer Befragung, die das Zi im Rahmen seines Livestreaming-Formats „Zi insights“ vorgestellt und anschließend mit angestellten sowie niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten diskutiert hat. Inhabergeführte Praxen als Rückgrat der ambulanten Versorgung Das Zi hatte von Ende Januar bis Ende April 2025 mehr als 3200 angestellte Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu ihrer aktuellen beruflichen Situation, aber auch zu ihren Karriereoptionen und Zukunftsplänen befragt. Die Teilnehmer sollten unter anderem zu Niederlassungsplänen, der Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit sowie der Erfahrung mit verschiedenen Informations- und Beratungsangeboten, Auskunft geben. Die Befragung ist Teil einer Zi-Studie zur ärztlichen und psychotherapeutischen Karrierewahl und Existenzgründung (KWEX). Anke Richter-Scheer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und in eigener Praxis niedergelassene Hausärztin in Bad Oeynhausen, bekräftigte, dass die inhabergeführte Praxis aus ihrer Sicht weiterhin das Rückgrat der ambulanten Versorgung bleiben wird. Es werde gleichzeitig darauf ankommen, den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen ihr professionelles Umfeld so unkompliziert und bürokratiearm wie möglich zu gestalten. Das Konzept der Teampraxis – also einer kooperativen Praxisform, in der sich Praxisinhabende, angestellte Ärztinnen und Ärzte sowie Delegationsberufe ergänzen – werde sich als Praxisform zunehmend durchsetzen. Jüngere Kolleginnen und Kollegen forderten heutzutage wie selbstverständlich die Integration arztentlastender Fachberufe in die Praxis, um mehr Zeit für die medizinische Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten zu haben, so Richter-Scheer weiter. Gleichzeitig seien auch fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Niederlassung. Dies sollte bereits im Studium vermittelt werden. Tatsächlich gäben dieses Wissen aber erfahrene Kollegen vor allem im Rahmen der Weiterbildung weiter. Insbesondere auch diese strategischen Skills würden inzwischen über Patenprogramme der KV Westfalen-Lippe erfolgreich an Niederlassungswillige vermittelt. Hausärztliche Versorgung ist vielfältig PD Dr. Simon Schwill, angestellter Hausarzt in Troisdorf und Leiter des Kompetenzzentrums Weiterbildung Baden-Württemberg, machte deutlich, dass die ambulante hausärztliche Versorgung von heute überaus vielfältig sei: Anstellung, Einzelpraxis, Zulassung in Kooperation. Dies sei wertvoll, weil es individuelle Situationen berücksichtige und den Stress in bestimmten Lebensphasen entzerre. Mit einer Verzögerung von etwa fünf Jahren nach der Facharztprüfung ließen sich dann doch viele Hausärztinnen und -ärzte mit Kindern nieder. Dieser Motivation komme man etwa beim Hausärztinnen- und Hausärzteverband Baden-Württemberg mit der „First Five Academy“ entgegen: Das Fortbildungsformat richtet sich an junge Hausärztinnen und Hausärzte in den ersten fünf Jahren nach abgeschlossener Facharztprüfung der Allgemeinmedizin und Inneren Medizin. Gerade diese Gruppe bräuchte „Empowerment“ hin zu einer informierten Entscheidungsfindung für die Niederlassung sowie die Nutzung persönlicher und akademischer Netzwerke und Communities für die berufliche Orientierung, so Schwill. Mitentscheidungsmöglichkeiten im Rahmen der Angestelltentätigkeit wirkten auf Identifikation mit dem Praxiserfolg hin. Zudem seien hoch motivierend dafür, selbst eine Niederlassung zu erwägen. Hierfür seien auch generationsübergreifende „role models“ überaus wichtig, vor allem für Praxisinhabende, die in Teilzeit und im Team arbeiteten. Gerade auch in der Transitionsphase, die die Altersgruppe der Vierziger adressiere, jene Gruppe also, die sich häufig auch noch mit der Niederlassungsabsicht beschäftigte, erläuterte Schwill weiter. Berufliche Karrierepfade hängen auch von Chancen ab Evelyn Matthäus, angestellte Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe am MVZ Bad Salzungen, hob hervor, dass sie, als seit 15 Jahren in Vollzeit im MVZ angestellte Fachärztin sich anfangs durchaus auch eine eigene Praxis hätte vorstellen können. Es fehlte seinerzeit jedoch schlichtweg an Zulassungsmöglichkeiten. Mittlerweile sei sie tief verwurzelt in ihren Aufgaben und Verantwortlichkeiten. So ergehe es sicherlich auch vielen anderen Kolleginnen und Kollegen. Der berufliche Karrierepfad hänge letztlich davon ab, welche Chancen sich eröffneten. Jeder müsse im Laufe des Berufslebens abwägen, ob das Verhältnis zwischen persönlicher Verantwortung, Rahmenbedingungen für die ärztliche Arbeit und persönlichem Gestaltungsspielraum am jeweiligen Arbeitsort stimmig sei. Ihr habe damals ein zentraler Informationsort gefehlt, an dem sie sich über die vielfältigen Möglichkeiten der Niederlassung habe informieren können, so Matthäus. Die KV Thüringen sei mittlerweile ein solcher Ort. Deren Informations- und Beratungsangebote böten nicht nur eine erste Orientierung auf dem Weg in die möglicherweise angestrebte Niederlassung, sondern auch das notwendige betriebswirtschaftliche Rüstzeug bei den ersten Schritten während und nach der Praxisübernahme. Nachholbedarf sieht Matthäus hingegen bei der Förderung der fachärztlichen Weiterbildung in den Arztpraxen. Hier sei – ähnlich wie im hausärztlichen Bereich – eine gesetzliche Regelung für die Weiterbildung von fachärztlichem und psychotherapeutischem Nachwuchs notwendig. Denn vor allem diejenigen, die den Praxisbetrieb tatsächlich von innen heraus erlebt hätten, könnten wirksam und nachhaltig für eine Niederlassung motiviert werden. Um Weiterbildungsstellen zu schaffen, müssten daher dringend entsprechende finanzielle Mittel bereitgestellt werden, forderte Matthäus abschließend.
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