Neue Vorstände an Unimedizin ‒ Clemens Hoch wird Aufsichtsratschef

Universitätsmedizin Mainz, Haupteingang Gebäude 301 (Foto: © Universitätsmedizin Mainz/Markus Schmidt)

Großes Stühlerücken bei der Mainzer Unimedizin: Nach Monaten der Querelen stellt sich der Vorstand nahezu komplett neu auf. Auch an der Spitze des Aufsichtsrates tut sich was. Die Opposition sieht auch Verfehlungen bei der Landesregierung.

Die vor großen Herausforderungen stehende und von tiefen internen Streitereien gebeutelte Universitätsmedizin Mainz stellt sich an der Spitze personell fast vollständig neu auf. Veränderungen wird es auf drei von vier Vorstandsposten geben, auch der Aufsichtsratsvorsitz kommt in neue Hände. So soll die größte Klinik von Rheinland-Pfalz, die mit satten Verlusten zu kämpfen hat, wieder in ruhigere Fahrwasser kommen.

Der bisherige und wegen seines Sparkurses insbesondere bei den Klinikleitern unter dem Dach Unimedizin stark in die Kritik geratene kaufmännische Vorstand Christian Elsner wird die Unimedizin Ende September verlassen. Man habe sich einvernehmlich auf seine Abberufung verständigt, sagte Alt. Sein Vertrag wäre noch bis ins Jahr 2026 gelaufen, er erhält den Angaben zufolge eine Abfindung in Höhe von 500 000 Euro. Seine Nachfolgerin wird von November an die bisherige Kanzlerin der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz, Waltraud Kreutz-Gers.

Gefunden haben sich auch ein neuer medizinischer und ein neuer wissenschaftlicher Vorstand ‒ die Posten sind turnusmäßig neu zu besetzen. Zum 1. Januar 2024 kommt als medizinischer Vorstand und Vorstandsvorsitzender Ralf Kiesslich. Er ist derzeit noch Ärztlicher Direktor der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden. Kiesslich kennt die Mainzer Uniklinikum aus früherer Zeit gut, absolvierte hier seine Facharzt-Ausbildung, habilitierte in Mainz und erlangte hier seine Professur. Der noch amtierende medizinische Vorstand und Vorstandschef Norbert Pfeiffer werde bis zum Ende seines Vorstandsvertrags Ende März als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, erklärte Alt.

Für den Posten des wissenschaftlichen Vorstands soll zum April 2024 Thomas Kamradt dem Fachbereichsrat vorgeschlagen werden, hier ist eine Wahl für die Berufung notwendig. Kamradt ist nach Angaben des Wissenschaftsministeriums derzeit noch wissenschaftlicher Vorstand und Dekan am Universitätsklinikum Jena. Der bislang bis Ende Januar 2024 laufende Vertrag von Pflegevorständin Marion Hahn wurde um ein Jahr verlängert.

Den Vorsitz im Aufsichtsrat der Unimedizin übernimmt ab Anfang 2024 Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD) von Staatssekretär Alt. Er wolle damit deutlich machen, wie wichtig die Unimedizin sei, sagte Hoch. „Es soll auch explizit ein Signal an die Belegschaft sein.“

Sowohl Kiesslich als auch Kreutz-Gers nannten es als wichtige Aufgaben, an der Unimedizin wieder zu einem konstruktiveren Miteinander zu kommen. „Es gibt eine gewisse Stockung im Dialog“, sagte Kiesslich. Kreutz-Gers sagte: „Ich bin mir sehr bewusst, dass das keine einfache Situation ist gerade an der Unimedizin.“ Dass es Meinungsverschiedenheiten gebe, sei normal, diese dürften aber nicht nach außen hin ausgetragen werden.

Eine Kernaufgabe für die Noch-Unikanzlerin wird künftig auch sein, die finanzielle Lage der Unimedizin trotz schwieriger Rahmenbedingungen zu verbessern. Im vergangenen Jahr hatte das Haus ein Defizit von 65,1 Millionen Euro hinnehmen müssen, für 2023 wird ein Minus von mehr als 57 Millionen Euro erwartet.

Alt zufolge hatte es insgesamt rund zwei Dutzend Bewerbungen für die zwei Posten des medizinischen und des wissenschaftlichen Vorstands gegeben. Mit Blick auf den scheidenden kaufmännischen Vorstand Elsner sagte der Staatssekretär, es sei nicht sachgerecht, dass Defizit nur an seiner Person festzumachen, es gebe ein ganzes Bündel an Ursachen ‒ auch die Rahmenbedingungen. Fast alle Unikliniken in Deutschland hätten mit Verlusten zu kämpfen.

Der Mainzer CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner sagte mit Blick auf das Ausscheiden Elsners: „Das war längst überfällig.“ Der bisherige Aufsichtsrat und Vorstand seien den Herausforderungen augenscheinlich nicht gewachsen. „Das muss sich auch Gesundheitsminister Hoch nun eingestehen, anders ist nicht zu erklären, dass der Minister selbst ab Januar den Aufsichtsratsvorsitz an der Universitätsmedizin übernimmt.“

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christoph Gensch, sagte, für die Misere trügen vor allem der Aufsichtsrat und das Land die Verantwortung. „Die Wurzel allen Übels liegt in der unzureichenden Finanzierung durch die Landesregierung“, kritisierte er. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion der Freien Wähler, Helge Schwab, hofft, dass nun Ruhe an der Unimedizin einkehrt. Nun müssten die mit dem neuen Personal verbundenen Chancen auch genutzt werden.

Die Gewerkschaft Verdi begrüßte die Personalien explizit und sieht die Weichen für eine konstruktivere Zusammenarbeit an der Unimedizin gestellt ‒ auch um „die anstehenden großen Herausforderungen wie die Krankenhausreform, den Fachkräftemangel und den Baumasterplan zielgerichtet anzugehen und künftig lösungsorientiert zu bewältigen“, sagte der Fachbereichsleiter für das Gesundheitswesen, Frank Hutmacher.

Hoch kündigte an, noch in diesem Jahr Vorschläge für eine Änderung des Universitätsmedizingesetzes zu machen. Er halte es für zwingend nötig, dass der Pflegevorstand in Zukunft ein volles Stimmrecht im Vorstand bekomme. Offen sei er für Gespräche darüber, ob es künftig einen für Baumaßnahmen zuständigen Vorstand geben könnte. Die Unimedizin hat einen recht alten Gebäudebestand, der den Krankenhausbetrieb erschwert. Das soll sich ändern, ein Baumasterplan sieht bis 2038 Investitionen von insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro vor.