Rote Karte für die TÄHAV-Novelle: Sinnloser Bürokratieaufbau für die Tiermedizin

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Der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) kritisiert heftig die Versuche der Bundesländer, Bürokratie für Tierärzte abzubauen. Diese seien unzureichend und gingen weitestgehend an der Realität vorbei, so der Berufsverband.

Ohne Sinn und Verstand wolle die Politik auf Bestreben des Bundesrates unnötige Bürokratie für Tierärzte gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung aufbauen, und spricht gleichzeitig über den Bürokratieabbau. Dabei gehe in Zeiten von (Nutz-)Tierärztemangel ohnehin schon viel zu viel Arbeitszeit für Bürokratie drauf. Wer solle also künftig noch die Arbeit am Tier machen, wenn die vorhandenen Tierärzte noch mehr be- und nicht entlastet werden? Hier gehe es um den Erhalt der flächendeckenden tierärztlichen Versorgung.

Der Bundesrat berät in seiner 1047. Plenarsitzung am 27. September 2024 unter Tagesordnungspunkt 70 über die Novelle der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (Tierärztliche Hausapothekenverordnung – TÄHAV). Die vorgesehenen Regelungen dieser Verordnung dienen einer umfassenden Anpassung an das europäische Tierarzneimittelrecht. In der genannten Plenarsitzung wird der Bundesrat auch über die Annahme der Ziffern Nr. 7 und Nr. 10 der Empfehlungsdrucksache 338/1/24 abstimmen.

Ablehnung sogar durch das BMEL

Selbst das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft lehne insbesondere die Empfehlung Nr. 7 mit Blick auf das gemeinsame Ziel von Bund und Ländern, Bürokratie abzubauen nachdrücklich ab. Gegenstand der Empfehlung Nr. 7 sei es, die Angaben „Diagnose” und „Chargennummer” (des Arzneimittels) zusätzlich zu den neuen und vereinfachten Dokumentationspflichten über Erwerb, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln zu ergänzen. Das führe ein wesentliches Ziel der TÄHAV-Novelle, nämlich die „1:1- Anpassung” an die verbindlichen EU-Vorgaben und damit eine Reduzierung und Vereinfachung der tierärztlichen Dokumentations- und Nachweispflichten, ad absurdum.

Hinzukomme, so der bpt, dass diese Angaben nutzlos seien. In den letzten zwanzig Jahren habe es keinen einzigen Fall gegeben, bei dem ein Arzneimittelrückruf zwingendermaßen über die zusätzliche Dokumentation der Chargennummer auf dem Anwendungs- und Abgabebeleg erfolgt sei. Für solche Rückrufe sei immer die schon jetzt, auch von der EU weiterhin geforderte, Dokumentation der Chargennummer in der Praxis ausreichend gewesen. Zudem lasse sich die Richtigkeit der Angabe „Diagnose“ in der Überwachungspraxis nicht kontrollieren.

Auch die Empfehlung Nr. 10 vermittele das mangelnde Vertrauen der Politik in die Tierärzteschaft und Landwirtschaft und bedeute einen weiteren Aufbau von Bürokratie, indem ein zusätzlicher Satz auf der tierärztlichen Verschreibung zu ergänzen ist, der den doppelten Bezug von Arzneimitteln durch Tierhaltende ausschließen soll. Dieser Satz bedeute mehrere Dokumentationsvorlagen, spreche dem Personal in öffentlichen Apotheken die Kompetenz ab und störe ggf. auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Tierärzten und Tierhaltenden. Das sei, so der bpt, weder im Sinne des Bürokratieabbaus und der Vereinfachung von Dokumentationspflichten noch zielführend.

Die Tierärzteschaft sei „empört über dieses Foul“ und fordere die „rote Karte“. Der bpt fordert die Politik daher dringend dazu auf, zu ihrem Wort zu stehen, endlich Bürokratie ab- statt aufzubauen und die Empfehlungen Nr. 7 und 10 abzulehnen.