UEGW 2019: CED-Prävalenz ist dreimal höher als bisher geschätzt – und steigt

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Die Zahl der Menschen, die an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) leiden, ist dreimal so hoch wie in früheren Schätzungen. Dabei besitzen die Betroffenen auch noch ein erhöhtes Risiko für Kolorektalkarzinome, wie Wissenschaftler anlässlich der diesjährigen UEG Week in Barcelona berichteten.

Forscher der Krankenhäuser Sandwell und West Birmingham und der University of Birmingham untersuchten CED-Fälle ab dem Jahr 2000, um genaue Daten zur Prävalenz der Colitis ulcerosa und des Morbus Crohn in Großbritannien zu erhalten. Bisher existierten nur begrenzte oder alte Daten. Unter Zuhilfenahme von Informationen aus dem Health Improvement Network (THIN), einer landesweit repräsentativen Primärversorgungsdatenbank in Großbritannien, konnte gezeigt werden, dass die CED-Prävalenz dreimal so hoch ist wie die zuvor veröffentlicht: So stieg die C.-ulcerosa-Prävalenz zwischen 2000 und 2017 um 55 Prozent und die M.-Crohn-Prävalenz um 83 Prozent. Die Studie zeigte auch, dass die CED-Prävalenz von 2017 bis 2025 voraussichtlich um fast ein Viertel zunehmen wird.

Die Schwere der Symptome und der Umstand, dass es sich um chronische Erkrankungen handelt, können das Leben der Betroffenen extrem beeinträchtigen. So wurde beispielsweise in früheren Studien über eine höhere Rate an Depressionen und eine geringere Erwerbsfähigkeit bei Patienten mit C. ulcerosa und M. Crohn berichtet. Dabei gaben geschätzte 44 Prozent der CED-Patienten an, ihren Arbeitsplatz aufgrund der CED entweder verloren oder gekündigt zu haben.

Dr. Dominic King von der Universität Birmingham, der anlässlich der UEG Week erstmals vorstellte, kommentiert: „Unsere Studie legt nahe, dass die CED-Prävalenz im nächsten Jahrzehnt wahrscheinlich erheblich ansteigen wird. Da es derzeit keine bekannte Heilung gibt, benötigen CED-Patienten häufig zeitlebens komplexe und kostspielige Therapien. Dieser prognostizierte Anstieg der Prävalenz kann die bereits überlasteten Gesundheitssysteme noch stärker belasten.“

„Die Belastung durch CED wird durch einen Zusammenhang mit Darmkrebs noch verstärkt“, ergänzte King. „Unsere Studie ergab, dass Patienten, die an M. Crohn leiden, im Vergleich zu entsprechenden Kontrollen ein um 23 Prozent erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Kolorektalkarzinomes besaßen, während das Risiko bei Patienten mit C. ulcerosa signifikant um 43% erhöht war. Der Anstieg der CED-Prävalenz könnte daher möglicherweise zu einer damit assoziierten Zunahme von Kolorektalkarzinomen führen.“

Genaue Nachweise zur CED-Last sind für die Planung von Versorgungsstrukturen. „Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend, insbesondere wenn wir die Tatsache berücksichtigen, dass M. Crohn und C. ulcerosa lebenslange Erkrankungen sind, die bereits in jungen Jahren auftreten können und einen enormen Einfluss auf die Lebensqualität eines Patienten haben“, kommentierte Salvo Leone, Präsident der European Federation of Crohn’s and Ulcerative Colitis Associations (EFCCA). „Die Kosten für die Gesellschaft, entweder durch direkte medizinische Kosten oder indirekte Kosten wie Fehltage am Arbeitsplatz, verlorene Bildungschancen oder die Pflege eines betroffenen Familienmitglieds, sind enorm. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um wirksame Therapien und Strategien für ein effizientes Krankheitsmanagement zu entwickeln, damit sowohl die Patienten als auch deren Familien ein glücklicheres und gesünderes Leben führen können.

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Quellen King. D et al. 2019. Incidence and Prevalence of Inflammatory Bowel Disease in the UK between 2000 and 2016 and Associated Mortality and subsequent risk of Colorectal Cancer. UEG Week, 21.10.2019UEG, 20.10.2019