Zirkadianer Rhythmus der Leber: Regulierung durch Muskelaktivität

Abbildung: © yodiyim/stock.adobe.com

Der allgemeine zirkadiane Rhythmus im menschlichen Körper wird vom Gehirn koordiniert, doch unterliegt jedes Organ auch einer für es spezifischen Regulierung. Während die Anpassung an die geophysikalische Zeit eine Möglichkeit darstellt, in einem Organ ablaufende Prozesse zu optimieren, stellt sich die Frage, woher beispielsweise die Leber „weiß“, wann es Tag und wann es Nacht ist.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Salvador Aznar-Benitah von der Catalan Institution for Research and Advanced Studies (ICREA) am Institute for Research in Biomedicine (IRB) in Barcelona (Spanien) haben herausgefunden, wie die Skelettmuskulatur die Leberfunktion reguliert und den Fettstoffwechsel bestimmt. Insbesondere ist demnach ein Molekül, das vom Muskel sezerniert wird und über das Serum in die Leber gelangt, für die Modulation von etwa 35 Prozent der Stoffwechselfunktionen der Leber verantwortlich. Die übrigen basalen Funktionen dieses Organs und andere mit dem Kohlenhydratstoffwechsel zusammenhängende Funktionen sind unabhängig von der Muskelaktivität und werden durch den basalen zirkadianen Rhythmus, also durch das Gehirn, reguliert.

„Dies ist eine sehr schöne Entdeckung, weil es der erste Beweis für die Notwendigkeit einer Kommunikation zwischen den zirkadianen Uhren von Geweben und Organen außer dem Gehirn ist, und wir können sehen, dass diese Kommunikation zwischen Muskel und Leber durch den Alterungsprozess verändert wird“, erklärt Azna-Benita. „Wenn wir älter werden, hören Zellen auf, der biologischen Uhr zu gehorchen und beginnen, Funktionen nicht optimal auszuführen. Dies führt zu Fehlern, die Gewebe altern lassen.“

Bei der aktuellen Veröffentlichung handelt es sich um eine Zusammenarbeit mit den Labors unter der Leitung von Dr. Paolo Sassone-Corsi an der University of California (USA), Dr. Pura Muñoz-Cánoves an der Universität Pompeu Fabra (Spanien) und Dr. Kenneth A Dyar am Helmholtz Zentrum München.

Der von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Zeitschrift „Science Advances“ publizierte Mechanismus zeigt, dass die Leber im Fettstoffwechsel nicht autonom ist. Vielmehr sind es Muskeln, die die Botschaft senden, dass es an der Zeit ist, den Fettsäurestoffwechsel einzuschalten und wie dies geschehen sollte. „Diese Verbindung zwischen Leber und Muskulatur hatten wir nicht erwartet, weil sie vorher nicht bekannt war. Auf den zweiten Blick aber macht es durchaus Sinn, dass das Fett-Management von einem der Hauptverbraucher koordiniert wird“, erläutert Aznar-Benita. Der Kohlenhydratstoffwechsel hängt von der basalen Koordination des Gehirns ab.

Zirkadianer Rhythmus und Alterung

Zwischen 2011 und 2019 hat das von Aznar-Benitah geleitete Labor für Stammzellen und Krebs mehrere Studien veröffentlicht, deren Ergebnisse erklärten, wie sich der zirkadiane Rhythmus mit zunehmendem Alter verändert und sich nicht mehr darauf konzentriert, Prozesse mit dem Tag-Nacht-Zyklus abzustimmen, um zu optimalen Ergebnissen zu kommen, sondern eher auf Schadensbehebung. Diese Veränderung führt zur „Vernachlässigung“ physiologischer Prozesse und bewirkt eine beschleunigte Alterung von Geweben und Organen.

Die Autorinnen und Autoren haben auch gezeigt, dass der zirkadiane Rhythmus bei einer kalorienarmen Ernährung am besten erhalten bleibt.