Zöliakie: Zentrales Rätsel um die Autoimmunerkrankung gelöst?

Abbildung: © Igor/stock.adobe.com (KI-generiert)

Wie und wo im Körper beginnt die Reaktion auf Gluten? Eine internationale Arbeitsgruppe ist dieser Frage auf den Grund gegangen.

Bisher ging man davon aus, dass die Entzündungsreaktion auf Gluten in der Darmwand stattfindet und ausschließlich Immunzellen betrifft. In einer jetzt in „Gastroenterology“ publizierten Studie hat ein interdisziplinäres Team bestehend aus Wissenschaftlern aus Kanada, den USA, Australien und Argentinien dargelegt, dass es vielleicht doch nicht ganz so einfach ist. Die Forschenden fanden heraus, dass das Darmepithel ebenfalls eine aktive Rolle bei der Steuerung der Entzündungsreaktion auf Gluten spielt.

Mithilfe mikroskopischer Biomaterialien im Labor erstellten die Studienautoren ein biologisch funktionierendes Modell des Darmepithels, mit dem sie die Auswirkungen bestimmter Moleküle in den Epithelzellen von Menschen mit Zöliakie isolieren konnten. Das Modell ermöglichte es den Forschenden, die Reaktionen unter kontrollierten Bedingungen zu erzeugen und zu beobachten. Sie konnten feststellen, wie die Moleküle Immunzellen das Vorhandensein von Gluten signalisieren, und schlussfolgern, dass das Epithel eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung des Immunsystems bei Zöliakie spielt.

Ein solcher Mechanismus sei bereits früher postuliert, aber bisher nicht bewiesen worden, erklären die Verfasser der aktuellen Arbeit. „Die einzige Möglichkeit, Zöliakie heute zu behandeln, besteht darin, Gluten vollständig aus der Ernährung zu streichen“, sagt Prof. Elena Verdu, eine der korrespondierenden Autoren der Arbeit. Sie leitet das Farncombe Family Digestive Health Research Institute an der McMaster University (Kanada). „Das ist schwierig, und Experten sind sich einig, dass eine glutenfreie Ernährung nicht ausreicht.“

Die genaue Lokalisierung des Auslösers der Immunreaktion könnte die Forschung zu einer Medikation voranbringen, mit der sich diese neu entdeckte Rolle des Epithels hemmen lässt. Dabei könnten Medikamente zum Einsatz kommen, die sich bereits in klinischen Studien befinden, erklärt Verdu.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie ist laut den Autoren, dass das Epithel nach dem Nachweis von Gluten stärkere Signale an Immunzellen sendet, wenn auch Krankheitserreger vorhanden sind. Dies bedeutet, dass es in Zukunft möglich sein könnte, den Erreger bei Personen mit erhöhtem Erkrankungsrisiko zu erkennen und die Wechselwirkungen zwischen Gluten und dem Darmepithel zu hemmen, sagt Hauptautorin Sara Rahmani.