Forscher erstellen epigenetischen Atlas von Mausmodellen für kindliche Hirntumoren22. Dezember 2025 Dr. Marc Zuckermann, Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (l.) und Prof. Ulrich Schüller, Wissenschaftliche Leitung des Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg und Arbeitsgruppenleiter Pädiatrische Gehirntumore. (Quellen: © Philip Benjamin I DKFZ; Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg) Ein internationales Forscherteam unter Leitung des Forschungsinstituts Kinderkrebs-Zentrum Hamburg und des KiTZ Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg hat eigenen Angaben zufolge den weltweit umfassendsten epigenetischen Atlas von Mausmodellen für kindliche Krebserkrankungen erstellt. Für die Studie haben die Forschenden Mausmodelle aus 20 internationalen Laboren zusammengetragen – insgesamt 106 verschiedene Modelle für 31 verschiedene Tumorarten bei Kindern. Zusätzlich hat das Team in Heidelberg 18 neue Modelle für kindliche Hirntumoren entwickeln können. „Diese globale Zusammenarbeit war entscheidend“, erklärt Prof. Ulrich Schüller, Direktor des Forschungsinstituts Kinderkrebs-Zentrum Hamburg. „Nur durch die Bündelung weltweiter Expertise konnten wir diesen umfassenden Atlas erstellen.” Kindliche Hirntumoren wie das pädiatrische hochgradige Gliom oder das Medulloblastom gehören zu den aggressivsten Krebserkrankungen im Kindesalter. Eine besondere Herausforderung ist ihre enorme Vielfalt: Jeder Tumor ist molekular anders aufgebaut. „Wir wissen, dass Kopienzahlveränderungen – also das Fehlen oder die Verdopplung größerer Erbgutabschnitte – eine wichtige Rolle spielen“, erläutert Dr. Marc Zuckermann vom Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg KiTZ und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), der die Studie gemeinsam mit Schüller leitete. „Aber ihre genaue Funktion bei der Tumorentstehung war bisher ein Rätsel, weil uns die richtigen Werkzeuge zur Erforschung fehlten.“ Veränderungen der Kopienzahl sind kein Zufall Die Analyse der DNA-Methylierung zeigte, dass die Mausmodelle ihren menschlichen Gegenstücken verblüffend ähnlich sind. Auch die Zusammensetzung der Immunzellen im Tumor stimmt zwischen Maus und Mensch weitgehend überein. Außerdem fanden die Forschenden heraus, dass Kopienzahlveränderungen kein Zufall sind: In den Mausmodellen treten diese genetischen Veränderungen hochgradig wiederkehrend auf – und zwar spezifisch für jeden Tumortyp. Das deutet auf eine essenzielle Rolle bei der Tumorentstehung hin. Die in Mäusen beobachteten Veränderungen der Kopienzahl traten in ähnlicher Form auch bei menschlichen Patienten mit derselben Tumorart auf. Die Mausmodelle sind also zur Erforschung dieser Mechanismen bei Menschen geeignet. Das Team beobachtete zudem, dass sich die Tumoren gezielt weiterentwickeln: Selbst, wenn Tumorzellen mehrfach in neue Mäuse übertragen werden, entwickeln sie immer wieder dieselben genetischen Veränderungen – ein Zeichen für eine gerichtete, nicht zufällige genetische Tumorentwicklung. Einblicke in die frühe Tumorentstehung „Unsere Ergebnisse legen den Grundstein für ein viel detaillierteres Verständnis dafür, wie kindliche Hirntumoren entstehen“, betont Dr. Melanie Schoof vom Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg, eine der Erstautorinnen der Studie. „Die Mausmodelle ermöglichen es uns erstmals, die Rolle dieser genetischen Veränderungen während der Tumorentstehung zu untersuchen – und zwar in einem Stadium, das bei menschlichen Patienten nicht zugänglich ist.“ Dies könnte mittelfristig zu einer verbesserten Behandlung von Hirntumoren führen, da zum einen passende Mausmodelle für präklinische Studien eingesetzt werden und zum anderen ganz neue Therapien entwickelt werden können, für die auch Kopienzahlveränderungen berücksichtigt werden. „Je genauer wir Tumoren molekular verstehen und modellieren können, desto gezielter können wir sie behandeln“, erklärt Schüller. „Unser Ziel ist es, für jeden kleinen Patienten die individuell beste Therapie zu finden.“ Internationale Spitzenforschung für erkrankte Kinder Die Studie wurde unter anderem vom Europäischen Forschungsrat (ERC) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Sie ist ein Beispiel für die enge Verzahnung von Grundlagenforschung und klinischer Versorgung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). „Was wir im Labor entdecken, soll so schnell wie möglich den Kindern auf der Station helfen“, betont Schüller. Der nun veröffentlichte Atlas steht der internationalen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung und wird bereits weltweit für neue Studien genutzt. „Wir haben die Tür zu einem ganz neuen Forschungsfeld aufgestoßen“, ist Zuckermann überzeugt. „Jetzt gilt es, diese Erkenntnisse in konkrete Therapieansätze zu übersetzen.“
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