Frühe Antibiotikagabe kann das Immunsystem dauerhaft schwächen31. Dezember 2025 Forschende haben herausgefunden, dass bestimmte Darmbakterien für die Bildung der Immunabwehr im Säuglingsalter unerlässlich sind. (Foto: © troyanphoto – stock.adobe.com) Während einer sensiblen Phase in der frühen Kindheit legt das Darmmikrobiom den Grundstein für ein funktionierendes Immunsystem. Werden in dieser Phase Antibiotika verabreicht, kann sich dies bis ins Erwachsenenalter negativ auswirken. Das zeigt eine aktuelle Studie im „Journal of Experimental Medicine“. Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk aus verschiedenen Zellen, die den Körper auf krankheitserregende Pathogene überwachen. Dieses komplizierte System beginnt sich während der Schwangerschaft zu entwickeln und reift bis zum Alter von etwa acht Jahren weiter. Zu seinen Komponenten gehören MAIT(Mukosa-assoziierte invariante T)-Zellen, die als dynamische Ersthelfer fungieren und in der Lage sind, ein breites Spektrum schädlicher Pathogene zu erkennen und zu bekämpfen. MAIT-Zellen als effektive Ersthelfer Denn während eine typische Immunzelle auf die Erkennung einer bestimmten Art von Krankheitserreger spezialisiert ist, verfolgen MAIT-Zellen einen anderen, breiteren Ansatz: Sie identifizieren ein chemisches Nebenprodukt, das viele verschiedene Bakterien und Pilze bei der Produktion von Riboflavin produzieren. Wenn ein Keim, der dieses Nebenprodukt produziert, in den Körper gelangt, zeigen andere Zellen es auf ihrer Oberfläche wie eine Warnflagge an. MAIT-Zellen erkennen diese Flagge und reagieren, indem sie Proteine freisetzen, die den Eindringling abtöten, oder Verstärkung aus anderen Teilen des Immunsystems herbeirufen. Das macht MAIT-Zellen zu effektiven Ersthelfern: Anstatt darauf zu warten, dass das Immunsystem eine maßgeschneiderte Reaktion auf eine bestimmte Bedrohung aufbaut, können sie eine Vielzahl von Gefahren erkennen – von Lungenentzündung verursachenden Bakterien bis hin zu häufigen Pilzinfektionen – und zwar alles über das Riboflavin-Signal. Allerdings müssen MAIT-Zellen während der Kindheit diesem Riboflavin-Nebenprodukt ausgesetzt sein, um sich richtig zu entwickeln. Nützliche Darmbakterien, die sich während der Entwöhnung im Darm eines Säuglings ansiedeln, produzieren es auf natürliche Weise – und liefern damit im Wesentlichen das „Trainingssignal“, das den MAIT-Zellen sagt, dass sie reifen müssen. Die Forscher des Scripps Research Institutes in San Diego (USA) fanden nun heraus, dass diese Riboflavin produzierenden Bakterien während eines kurzen Entwicklungszeitraums besonders reichlich vorhanden sind und dass dieser Zeitpunkt mit einer kritischen Phase der MAIT-Zellentwicklung zusammenfällt. Antibiotika reduzieren die Zahl der MAIT-Zellen Um zu verstehen, was passiert, wenn dieser Prozess durch die Gabe von Antibiotoika unterbrochen wird, testete das Team gängige Präparate an Mäusen und stellte fest, dass mehrere davon – darunter Ampicillin, Vancomycin und Metronidazol – die Population gesunder Darmbakterien reduzierten. Wurden Antibiotika während des kritischen Entwicklungszeitraums verabreicht, sank die Anzahl der MAIT-Zellen deutlich, und dieser Rückgang hielt bis ins Erwachsenenalter an. Mäuse mit weniger MAIT-Zellen waren anfälliger für Lungenentzündungen, während Tiere, denen diese Zellen von Natur aus fehlten, keine zusätzlichen Auswirkungen der Antibiotikabehandlung zeigten – was den Forschenden zufolge bestätigt, dass MAIT-Zellen der entscheidende Faktor für die langfristige Gesundheit sind. Doch die Forscher fanden auch eine mögliche Lösung für das Problem. Durch die Gabe eines Riboflavin produzierenden Probiotikums – eines Bakteriums namens Bacteroides thetaiotaomicron, das natürlicherweise im menschlichen Darm vorkommt – zur Antibiotikabehandlung konnte das Team die normale Entwicklung der MAIT-Zellen wiederherstellen und eine gesunde Immunfunktion aufrechterhalten. Ergebnisse sind wahrscheinlich auf Menschen übertragbar „Diese Forschung unterstreicht, wie wichtig das Mikrobiom für unsere gesunde Entwicklung als Menschen ist“, betont Adam Sobel, Co-Erstautor der Studie. „Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse dazu beitragen werden, bessere Strategien wie gezielte Probiotika zu entwickeln, um Säuglinge zu unterstützen, die eine Antibiotikabehandlung benötigen.“ Gabrielle LeBlanc, Doktorandin und ebenfalls Co-Erstautorin der Studie, merkte an, dass die gleichen gesunden Darmbakterien, die bei Mäusen gefunden wurden, auch bei menschlichen Säuglingen im ersten Lebensjahr reichlich vorhanden sind. Dies deute darauf hin, dass es wahrscheinlich ein ähnliches Entwicklungsfenster beim Menschen gibt. Zukünftige Forschungen könnten untersuchen, ob probiotische Therapien dazu beitragen können, die Immunentwicklung bei menschlichen Säuglingen zu schützen, die eine notwendige Antibiotikabehandlung erhalten, und damit möglicherweise das Risiko von Atemwegsinfektionen im späteren Leben verringern. (ej/BIERMANN)
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